Ich bekomme immer wieder Emails oder PNs mit der Bitte, doch bei der Angst vor dem Galopp zu helfen.
Das brachte mich auf die Idee, doch einen Blogartikel zu diesem Thema zu schreiben, da das ein Thema ist, welches bei Angstreitern immer wieder auftaucht.
„Hilfe Marina, ich traue mich ja mit meinem Pferd schon viel, aber beim Galopp, da schnürt es mir die Kehle zu“
oder
„Ich habe Angst vor Galoppstrecken. Vor allem in der Gruppe, wenn ich hinten reite, hört mein Pony mir nicht mehr zu und orientiert sich nur noch am Vordermann“
Kennst du das?
Es ist ein Phänomen, was mir immer wieder begegnet. Es klappt alles prima, aber beim Galopp scheinen „die Pferde einfach durchzudrehen“. Es kommen dann Aussagen wie „Ich verstehe das gar nicht, es war doch alles gut, aber als wir dann galoppierten ist er plötzlich durchgegangen“ und ähnliches.
Ich empfehle immer wieder, die Situation, in der die Angst auftaucht, zu analysieren. Ein zweiter wichtiger Schritt ist es, die Menschen, die ich coache, aufzuklären, also Wissen zu vermitteln. Dieser Beitrag dreht sich um Wissensvermittlung, denn zum Galopp gibt es einige wichtige Dinge, die man als Mensch beachten sollte.
Betrachten wir zunächst mal unsere Sichtweise: der Galopp ist eine Gangart, die für uns Menschen nicht natürlich ist (also wir sind selten so schnell unterwegs, wenn wir z.B. laufen). Gleichzeitig auf einem Tier zu sitzen, welches sowieso schon schwer zu kontrollieren ist (es hat ja seine ganz eigenen Interessen, anders als ein Auto oder ein Motorrad), macht die Sache nicht einfacher.
Vor allem, würden wir im Leben auf kein Motorrad steigen, wenn wir nicht absolut sicher sein könnten, dass die Bremse funktioniert und wir sie auch jederzeit betätigen könnten!
Du als Mensch hast also berechtigterweise ein mulmiges Gefühl. Der Weg, die Angst vor dem Galopp in den Griff zu kriegen, geht also nur über den Weg, dich selbst kompetenter zu machen. Dazu gibt es verschiedene Wege, die aber den Rahmen dieses Artikels sprengen würden, daher mache ich erstmal weiter mit meiner Wissensvermittlung.
Das Pferd ist von Natur aus ein Fluchttier. Es bewegt sich von Natur aus generell schon viel mehr als wir Menschen. Seine Hauptgangart ist der Schritt. Dieses Tempo bevorzugen die Pferde in der Regel in der Freiheit und sie nutzen dieses Gangart am Häufigsten.
Das zweite Tempo ist der Trab. Der Trab wird vom Pferd benutzt, um zum Beispiel Anschluss zur Herde zu finden, wenn diese sich fortbewegt. Der Trab wird auch benutzt, um einen Berg ohne große Muskelanstrengung zu erklimmen oder herunterzulaufen (der Berg ist im Schritt viel schwieriger zu bewältigen, weil das Pferd gegen seine eigene Schwerkraft arbeiten muss).
Der Galopp ist eine Gangart, die in der Natur nur zu zwei Zwecken genutzt wird: Zur Flucht, oder, wenn die Ponys „um die Wette rennen“ und mit einander spielen.
Der Galopp wird also nicht zur allgemeinen Fortbewegung genutzt (er ist dafür auch viel zu ineffizient, ein Pferd in der freien Wildbahn würde im Galopp keine lange Strecke durchhalten, anders als im Trab oder eben im Schritt).
Wenn wir nun mit dem Pferd galoppieren, hat das Pferd aus der Natur heraus verknüpft „Galopp – das heißt Gefahr! Schneller werden! Flüchten!“ Oder aber „juchuuh, wir spielen, hey, die anderen sind schneller! Ich muss zulegen, damit ich mithalte“.
Das ist ein, aus Pferde-Sicht, normales Verhalten und man muss als Mensch, vor allem sensiblen Pferden, erst „erklären“, dass Galopp für uns Menschen etwas Tolles ist, was nicht nur zu Renn-Zwecken oder zur Flucht vor Gefahr genutzt wird.
Wenn also dein Pferd, vor allem bei einem Gruppenausritt, beginnt schneller zu werden, sich am Vorderpferd zur orientieren, das Tempo weiter erhöht oder gar unkontrollierbar durchgeht, dann bedeutet das schlicht und ergreifend, dass es dir nicht zuhört und in seinem ganz eigenen Modus ist – meist ist das der Fluchttiermodus.
Es ist also der erste Schritt, dein Pferd nicht dafür zu verurteilen, dass es schneller wird, „die Sau rauslässt“ oder „unkontrolliert durchgeht“. Wenn du akzeptieren kannst, dass dein Pferd in dem Moment ein absolut natürliches Verhalten zeigt, ist das die Grundlage, auf der dann anschließend schauen kannst, wie du mit diesem natürlichen Verhalten umgehen möchtest.
Ich hoffe, dieser Artikel hat dir ein Stück weit die Augen geöffnet, warum dein Pferd sich so verhält, wie es sich verhält!
Alles liebe
Marina Lange